Prof. Dr. Willi Schröder, Emeritierter Professor für Theorie und Geschichte der Sportwissenschaft an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, 09.03.2008

Gutachten zur Wiedereinführung des Mehrzweck-Turngerätes “Greifswald”

Es ist an der Zeit, Maßnahmen zu beschließen, die auf die immer stärker werdende Kritik einsichtiger Poliitker, Mediziner und Pädagogen am schlechten Gesundheitszustand der jungen Generation reagieren. Vielfach ist darauf hingewiesen worden, dass physische Mängel auf falsche Ernährung und Bewegungsdefizite zurückzuführen sind. Jeder zweite Deutsche ist zu dick und viele leiden an motorischen Störungen. Als Spätfolgen werden bei Erwachsenen Diabetes sowie zunehmende Herz- und Kreislauferkrankungen festgestellt. Man fragt sich, wie dem vorzubeugen ist, scheut sich aber, die unzureichende Anzahl der Schulsportstunden und deren oft schlechtes Niveau ebenso mit als Ursachen anzuführen wie die teils unbefriedigende Ausbildung von Schulsportlehrern. In einer offiziellen Erklärung des Ministeriums für Familie und Jugend vom 19.02.2007 heißt es programmatisch, Kinder und junge Menschen haben ein Recht auf gesundes Aufwachsen.

Es ist deshalb jede Initiative zu begrüßen, die schon in frühem Jugendalter an Körperübungen heranführt. Der Vorschlag von Frau Dr. Eleonore Salomon zur Wiedereinführung des Gebrauchs eines zu DDR-Zeiten entwickelten und erfolgreich erprobten Mehrzweck-Turngerätes ist zu begrüßen. Viele Erklärungen von Kindergärtnerinnen zeugen vom Nutzen dieses Gerätes, das seit den siebziger Jahren zur Grundausstattung der Vorschuleinrichtungen gehörte und vielfach exportiert wurde. Die Kombination von leicht zu handhabenden und transportablen Teilen wie Schwebebalken, Reck, Stufenbarren und Leitern verlockten Kinder zum Balancieren, Rutschen, Hangeln und Klettern, so dass Muskeln gestärkt und bei freudvollem Spiel Leistungswille angespornt worden ist - nicht nur eine Voraussetzung zu späterem regelmäßigen Sporttreiben, sondern auch für die Bewältigung der Anforderungen in Schule und Beruf. Wer an Freizeitsport Gefallen findet, erliegt nicht den Verlockungen von Computerspielen und anderen Gefahren des Stillsitzens. Schon Johann Christoph Friedrich GutsMuths, der Wegbereiter der deutschen Körperkultur, hat vor über zweihundert Jahren vor einseitiger geister Belastung gewarnt, die mangelhafte physische Leistungsfähigkeit der Kinder und Jugendlichen erkannt und in seinem epochalen Werk “Gymnastik für die Jugend”, erschienen 1793, den notwendigen Ausgleich durch vielfältige tägliche Körperübungen gefordert.

Der Vorschlag von Eleonore Salomon zur erneuten Produktion des Mehrzweck-Turngerätes, quasi von mir auch sporthistorisch begründet, ist wärmstens zu befürworten und verdient es, baldmöglichst realisiert zu werden. Das Greifswalder Turngerät schafft Rahmenbedingungen für frühkindliche, freudbetonte Körperübungen, schult die Motorik und ist in Kindertagesstätte vielseitig verwendbar.